„OH DESIRE“- I surely desire more like this! Jonathan Jeremiah im Kaufleuten am 18.5.2015

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Zusammen mit einigen anderen trudelten wir in den Festsaal des Kaufleuten ein, wo bereits einige junge aber vorwiegend ältere Erwachsene beieinander standen, etwas tranken und sich unterhielten. Wir waren einige Minuten zu früh und konnten, bis zum Anfang des Konzerts, noch einen Platz auf den bequemen Couches, die am hinteren Ende des Saales stehen, ergattern. Eine Vorband gab und brauchte es nicht.

Dar Saal füllte sich und pünktlich um acht Uhr erklangen die ersten Töne vom 2012 im gleichnamigen Album erschienenen Lied „Gold Dust“. Als der britische Singer-Songwriter Jonathan Jeremiah mit seiner Band – einem Pianisten/Hammond-Organisten, einem Kontrabassisten, einem E-Gitarristen und einem Schlagzeuger – die Bühne betrat, wurden sie von der Menge freudig empfangen. Als Backgroundsänger fungierten die Bandmitglieder und überraschten mit ihren grossartigen Stimmen und ihrer Genauigkeit bestimmt nicht nur mich. Die fünf Männer standen charmant und elegant in Hemd und Jackett auf der Bühne und freuten sich sichtlich darauf, uns ihr drittes und neustes Album „Oh Desire“ (Hören Sie sich hier das ganze Album an, währenddem Sie weiterlesen: https://www.youtube.com/watch?v=pttd9mgnIJI) vorzustellen. Dieses Album wurde übrigens noch ganz analog mit einer alten Bandmaschine in den Konk Studios und zum Teil in den Abbey Road Studios aufgenommen, wo bekanntlich bereits einige grosse Stars willkommen geheissen wurden.

Nachdem Jonathan Jeremiah die ersten Lieder zusammen mit seiner Band spielte, verliessen diese die Bühne um sich, laut Jonathan, in ganz britischer Manier, eine Pause mit einer Tasse Tee zu gönnen. Während dieser Zeit begleitete sich der Musiker mit seiner einzigartigen, warmen Baritonstimme auf einer alten, sichtlich gebrauchten Akustikgitarre selbst. Seinen title track stellte er uns in einem Duett mit seinem E-Gitarristen vor, welches beim Publikum zu Gänsehaut und grosser Begeisterung führte.

Eine Handyaufnahme von „Oh Desire“ in Zürich am 18.5.15:

Besonders auch bei „How Half-Heartedly We Behave“ aus seinem ersten Album „A Solitary Man“ (2011) konnte man den Effekt seiner grossartigen Stimme aber auch den, der langen, tiefen Klänge des Kontrabasses, geniessen.

Die letzte Minute von „How Half-Heartedly We Behave“ mit der Begleitung des Kontrabasses wurde am Schluss leider etwas abgeschnitten:

Das Konzert selbst war eine Mischung aus Folk, Soul und Jazz. Die Stücke erinnerten an die frühen 70er wie zum Beispiel an Cat Stevens oder Nick Drake aber auch an Marvin Gaye oder Otis Redding, was mir persönlich sehr gut gefällt. Seine Vielfältigkeit brachte die Aufführung aber auch besonders durch die langen, improvisierten Solis der einzelnen Bandmitglieder zur Geltung. Diese zeigten auch das grosse Können und die Freude an der Musik derer. Obwohl die Band erst seit den Aufnahmen und für die Tournee in dieser Formation aufgestellt worden war, wirkte sie, als hätte sie schon immer in dieser Besetzung existiert. Man hielt die Bandmittglieder für langjährige Freunde, denn ihre Interaktion und ihre Genauigkeit liessen keine anderen Schlüsse zu.

Eine grosse Show mit Rauch und Feuerwerk gab es neben den Musikern nicht, dies hätte jedoch nur gestört. Das ruhige rote JJ2kaufoder blaue Licht sowie ein einzelner Scheinwerfer führten dazu, dass man sich mehr auf die Musik und den Inhalt der Songtexte konzentrierte als auf eine grosse Show. Bei den etwas schnelleren Stücken passten dann auch die tanzenden Lichtpunkte.

Der Sound war gut abgestimmt, sodass man die verschiedenen Stimmen gut differenzieren konnte. Zudem schepperten die Spiegel hinter der Bar selbst bei den tieferen Basstönen nicht. Dies war leider am Konzert von Dieter Meier im letzten Jahr der Fall gewesen.

20150518_215041-2Neben der musikalischen Leistung überzeugte der 35 jährige Künstler auch mit seinem britischem Humor und seinem Charme. Auch dass der Künstler nach dem Konzert an einem Tisch stand um mit den Konzertbesuchern zu reden, Fotos zu machen und Poster zu signieren, hinterliess einen positiven Eindruck.

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Die einzigen Mankos des Konzerts waren für mich zum einen die Kürze und zum anderen die doch schon etwas reiferen Zuschauer. Es fehlte das etwas jüngere Publikum. Das Konzert war mit seinen ca. 1 1/4 Stunden für meinen Geschmack zu kurz. Nach einem etwas abrupten Abbruch kamen zwar noch zwei weitere Lieder als Zugabe, ich war jedoch auch dann noch nicht wirklich in Aufbruchsstimmung. Hier liegt die Verantwortung aber wahrscheinlich weniger beim Musiker als beim Organisator des Konzerts. Auch dass man vermehrt ergrauende und lichter werdende Haarpracht erblickte, war zwar etwas schade, dafür wurde einem der Blick auf die Bühne nicht von dutzenden Handys versperrt.

Generell gefallen mir solche kleinen, intimeren Konzerte, wie sie zum Beispiel im Kaufleuten oder Moods angeboten werden, besser als Mega Events im Hallenstadion oder Letzigrund Stadion. Dort fehlt mir besonders der Kontakt zu den Musikern auf und neben der Bühne. Auch stören mich die grossen, zum grössten Teil unfreundlichen Massen, die langen Wartezeiten und der liegengelassene Dreck an solchen Events.

Rückblickend war das Konzert von Jonathan Jeremiah, wegen und trotz all den bisher genannten Gründen, mit Abstand das beste Konzert, das ich bis jetzt besucht habe.

Oh Desire Album CoverK. Zbinden, 24.05.2015

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