Mark Knopfler, Hallenstadion Zürich – 01.06.2015

Als ich daimg_3_2080von erfahre, dass Mark Knopfler in Zürich ein Konzert geben wird, muss ich sofort meinen Vater informieren. Wir sind beide leidenschaftliche Fans der Band Dire Straits -Musikgeschmack scheint also doch vererbbar zu sein-. Seit der inoffiziellen Trennung der Band im Jahr 1995 ist Mark Knopfler, der ehemalige Kopf der Band, solo unterwegs. Der Fall ist also klar: wir wollen das Konzert besuchen und schnell sind zwei Tickets gekauft.

Auf der Fahrt zum Auftritt merke ich, dass ich keine Ahnung habe, wie so ein Konzert im Hallenstadion abäuft, denn ich habe dort bis jetzt noch keines besucht. Ich weiss nicht was ich erwarten soll, denn das Hallenstadion erscheint mir wirklich riesig für ein Konzert, vor allem da ich mir normalerweise eher kleinere Konzerte gewohnt bin. Im Hallenstadion angekommen fällt mir zuerst einmal auf, dass der Altersdurchschnitt womöglich bei über 50 liegt, und dies auch nur weil ich anwesend bin und ihn noch um einige Jahre runterzuziehen vermag. Es sind viele gekommen um Mark Knopfler zu sehen. Auffallend ist für mich, dass sich im Warteraum die unterschiedlichsten Menschen tummeln. Vom Rocker älteren Semesters mit langem weissem Haar bis zur elegant gekleideten Dame ist alles vorhanden. Erst nach dem Konzert leuchtet mir ein, wieso dies so ist, jedoch dazu später mehr. 

Wir beschliessen uns relativ früh dazu, in den Saal zu gehen um dort auf den Beginn der Show zu warten, denn wir sind ziemlich früh dran. In der Halle angekommen bin ich erstmal erstaunt darüber, diese bestuhlt vorzufinden, was mir bei einem IMG_7375Blues-Rock Konzert eher komisch vorkommt. Ich hatte eher mit einer grossen Stehpatzfläche vor der Bühne gerechnet. Der Saal ist hell ausgeleuchtet und die Bühne (welche erschreckend weit weg ist) ist -noch- dunkel. Einzig die rote Gitarre, welche seit jeher als Markenzeichen der Dire Straits gilt ist mit einem Scheinwerfer beleuchtet und strahlt einen beinahe magischen Glanz aus. Eine Vorband gibt es keine, darum warten wir ungefähr eine halbe Stunde bei entspannender Background-Musik auf den Beginn des Konzerts. Während sich der Saal langsam zu füllen beginnt, fällt mir ein Flyer auf, der neben meinem Sitz liegt. Darauf wird angepriesen, dass eine Aufnahme des heutigen Auftritts nach der Show auf einem USB-Stick gekauft werden kann. Ziemlich innovativ wie ich finde, denn Souvenirs verkaufen sich bekanntlich ziemlich gut -und sind nicht gerade billig-. 

Als die im Hintergrund laufende Musik langsam abebbt und die Halle sich langsam verdunkelt geht es endlich los. Die Musiker finden sich langsam auf der Bühne ein und es ertönt ein mächtiger, harmonischer Gitarrensound aus den Boxen. Als ein Mann im Union-Jack Outfit den Star des Abends ankündigt und dieser kurz darauf auf der Bühne erscheint, fängt der Saal an zu beben und ich bekomme einen ersten Eindruck der Stimmung, welche ein solch grosser Raum mit dermassen vielen Menschen erzegen kann.

Zu hören bekommt das Publikum erstmal einige Songs vom neuen Album Tracker, sowie des vorherigen Albums Privateering. Musik, die sich in meinen Ohren ziemlich stark vom Dire Straits-Sound IMG_7383unterscheidet. Die Songs sind wesentlich „balladiger“, und man merkt einen starken Einfluss unterschiedlichster Weltmusik. Dies sticht vorallem durch den Einsatz verschiedenster, teilweise sehr unkonventioneller Instrumente hervor. Gespielt werden zum Beispiel eine Geige, eine Zither und mehrere Flöten. Der schottische Einfluss in die heutige Musik Knopflers ist für mich nicht zu verkennen, nicht zuletzt natürlich, da Mark Knopfler ursprünglich aus Glasgow stammt. Nach einigen Songs wird die Band auf eine sehr spezielle Art vorgestellt: Es spielt erst nur das Schlagzeug, während Mark kurz den dazugehörigen Musiker vorstellt, danach steigt immer jeweils ein weiterer Musiker ein, während Knopfler diesen dem Publikum vorstellt. Am Ende spielt die ganze Band und es wird elegant in den nächsten Song übergeleitet. Zu hören sind insgesamt acht Musiker, welche absolut hochstehende Musik produzieren. Selten habe ich eine Band mit dermassen viel musikalischem Talent gesehen. Dies zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass beinahe alle Musiker bis zu drei verschiedene Instrumente spielen, welche ständig im Wechsel sind.

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www.markknopfler.com

Album Tracker

In der Standardaufstellung der Band spielen: ein Keyboard, eine Gitarre, ein Klavier, eine Geige, ein Bass und ein Schlagzeug. Dazu kommen je nach Stück Pfeiffen und Flöten, eine Handorgel, eine Mandoline, eine Zither und sogar ein Dudelsack. Auch wenn man Mark Knopfler unterstellen könnte, einen Hauch des Pop-Lüftchens abbekommen zu haben, produziert er mit diesem einzigartigen Mix aus Instrumenten verschiedenster Kulturen einen sehr eigenen, unkonventionellen Sound. Er liefert meiner Ansicht nach die richtige Antwort auf die Frage: „Was kann denn musikalisch überhaupt noch kommen?“. Und zwar das Kombinieren von Musikelementen aus verschiedenen Musikstilen und Kulturen. Sich nicht einengen lassen durch die, für einen Musikstil „vorgesehenen“ Instrumente und Mittel. Doch nach diesem kurzen Exploit zurück zum Konzert. 

Die ersehnten Dire Straits Hits lassen dann keinesfalls auf sich warten. Immer wieder wird ein solcher, meist zwischen zwei der neuen Songs, eingebaut. So stehen sich der bekannte Blues-Rock der Dire Straits und die ruhige Balladen-Musik des Mark Knopfler von heute ständig gegenüber und ergänzen sich trotz grossen Unterschieden zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk. Durch das ganze Konzert ziehen sich Soli der einzelnen Bandmitglieder. Auf jedem der vorhandenen Instrumente wird soliert, sogar ein absolut einzigartiges, meiner Ansicht nach geniales Dudelsack-Solo wird zum besten gegeben. Die Tatsache, dass jedes Bandmitglied so seine Fähigkeiten zeigen kann, steht meiner Meinung nach auch für die einfache, grosszugige Art Knopflers, der locker „wie du und ich“ im Hemd und Jeans auf der Bühne steht. An Starallüren ist da nicht zu denken. Es geht wirklich um die Musik und um nichts anderes, genau so gefällt es mir. dire-straits-526b620b91a05

Beryl aus dem Album Tracker von Mark Knopfler und Band (2015)

Sultans of Swing – Mark Knopfler mit den Dire Straits (1984)

Auch wenn diese Musik nicht gerade die tanzbarste ist, und ich nicht gerade ein grosser Tänzer bin, fühle ich mich die ganze Zeit über etwas an den Stuhl gefesselt. Gerade in einem mitreissenden Moment, wie zum Beispiel während einem Solo erschient es mir doch sehr gewöhnungsbedürftig, brav auf einem Stuhl zu sitzen und lediglich verschämt im Takt mit dem Kopf zu wippen. Aber ich denke so ist das nunmal wenn man ein Konzert im Hallenstadion besucht. Ausserdem dauert die Show zwei Stunden ohne Pause, was manch einem stehend (vorallem bei diesem Altersdurchschnitt) womöglich doch sehr lange vorkommen mag. 

Insgesamt ist es für mich ein sehr gelungener Abend, an dem einerseits meine Bedürfnisse als grosser Dire Straits-Fan gestillt werden, ich aber auch einen Eindruck der absolut hochstehenden Musik des Mark Knopfler und dessen Band bekomme. Dies ist womöglich auch der Grund dafür, dass sich an diesem Abend, wie bereits angesprochen die verschiedensten Personen und Personengruppen zu diesem Konzert eingefunden haben, denn bei dieser Musik ist vom den Schmuser bis zum Rocker für jeden etwas dabei. Mark Knopfler verleiht seinem Ruf als lebende Gitarren-Legende wirklich alle Ehre. Die zahlreichen Soli auf seinen vermutlich über acht verschiedenen Gitarren (ich höre irgendwann auf zu zählen) sind genauso ein Highlight des Abends wie die Momente der ersten paar Takte eines alten Hits, bei denen sich die Stimmung im Hallenstadion jeweils schlagartig zu einer unglaublichen Atmosphäre etwickelt. Definitiv ein sehr gutes Konzert einer Band, die sich meine Hochachtung durch grösste musikalische Diversität redlich verdient hat. Die aktuelle Tour Tracker ist sicher ein Muss für jeden eingesessenen Dire Strais-Fan, aber auch etwas für jene, die auf harmonische Gitarrensounds im Mix mit schottischer und sehr viel experimenteller Musik stehen oder auch einfach mal etwas neues ausprobieren wollen.

Maurice Bischof – 21.06.2015

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