Auf der Bühne des El Lokal steht der neuseeländische Musiker Delaney Davidson allein mit seiner Gitarre, einem Mikrophon und einer Loopstation. Der erste Song beginnt und man hört, wie er durch Thumbing einen Beat erzeugt. Das Lied erhält immer mehr Persönlichkeit, die mit jeder aufgeschichteten Stimme dazu kommt. Bereits beim ersten Lied beginnen die Leute in den vorderen Reihen mitzutanzen, die hinteren Reihen lauschen jedoch unbewegt die schrillen Klä
nge.
Das El Lokal ist eher klein und durch das geringe Publikum von ca. 100 Leuten fühlt man sich dem Musiker umso näher. Die Zuschauer bestehen aus Alt und Jung, doch tendenziell sind eher Leute mittleren Alters anwesend. Ganz schlicht, in Grautönen gekleidet, präsentiert sich der Musiker in dem eher düsteren Lokal. Ein grosses Skelett hängt über den Köpfen des Publikums und die vielen Bilder an den Wänden, lassen das Lokal verspielt aussehen. Auf den Künstler sind weisse und rote Spots gerichtet. In Verbindung mit der rötlichen Diashow über seinem Kopf entsteht ein stimmiges Bild. Seine Stimme verzerrt er, indem er immer näher an das Mikrophon ran geht. Durch die Schlänker am Schluss von jeder Phrase klingt seine Stimme quakig, doch nicht so, dass es mich stört. Davidson spielt Stücke, die in Richtung Folk gehen, doch sie klingen ab und zu wie Country-Musik. Die Stimme ist dröhnend und der Klang seiner Musik scheppernd und zu gleich hallend. Die Breaks bringen die Spannung in die sonst eher repetitiven Stücke, welche meist auf einem Akkord basieren. Ich bin beeindruckt wie der Künstler, ähnlich wie Ed Sheeran, seine Lieder wie eine Ein-Mann-Band aufbaut und ohne grosses Entertainment die Leute in seinen Bann zieht. Seine Lieder sind klagend, doch manchmal scheinen sie auch wütend oder verzweifelt zu klingen. Durch den scheppernden Klang sind kaum Wörter zu verstehen, doch die Musik ist sehr eigen und scheint, in einer nie enden Schleife, beinahe eine hypnotische Wirkung auf mich zu haben. Die einzelnen Songs harmonieren miteinander und sind nur schwer zu unterscheiden. Hohe Töne, die spitz und schrillend in den Ohren nachhallen, spielen eine grosse Rolle in seiner Musik. Der Klang erinnert manchmal an eine alte Aufnahme auf Platte, doch der neuartige Sound zerstört das Bild der alten Zeit. Hin und wieder werden die langen Stücke von Stille, Applaus und Jubel unterbrochen. Wenn man sich nicht auf seine Stimme konzentriert, beginnt der Sound fast schmerzhaft laut in den Ohren zu klingen, bis man nur noch den Beat im Laufschritttempo wahrnehmen kann. Die immer gleichbleibenden und doch speziellen Klänge, fielen durch ihre ständige Wiederholung viel mehr auf, da der Musiker immer mit dem Rhythmus begann, die Akkorde dazu spielte und mit gesanglichen Elementen das Stück verschärfte. Dies war das Prinzip in all seinen Liedern. Der Musiker und die „Show“ sind sehr in den Hintergrund gedrängt und ich bin zu klein um den Musiker bei seiner Arbeit zu beobachten.
Die Musik is
t der Grund für das Auftauchen der Leute und diese bleiben auch stehen nur die Kellner huschen ab und zu zwischen der Menge hindurch. Hier ist weder das Gedränge im Publikum, noch das Kennenlernen der Leute interessant. Alle sind nur hier um die Musik zu geniessen und diese lässt sich weder durch Drinks, noch durch Gespräche in den Hintergrund drängen. Mit der Zeit erscheinen in den Liedern immer mehr einzelne Blueselemente, welche etwas Abwechslung bringen. Durch die Rückkopplung treten immer wieder Störgeräusche in den Soli auf, doch ich nehme an, dies ist vom Künstler gewollt, da das Publikum jedes Kratzen und Kreischen des rockigen Arrangement geniesst. Die Intonation von Davidson ist rein, trotz der vielen Verzierungen, die er in seine Songs einbaut.
Ganz konzentriert und ohne die geringste Bühnenangst zieht der Musiker sein Ding durch. Er spielt weder für den Ruhm noch für die Fans oder das Publikum. Dies ist seine Musik, das ist der Weg, wie er sich ausdrücken will und er lässt sich von nichts ablenken. Diese Fähigkeit ist nur zu bewundern und bezeugt gewisse Bühnenerfahrung. Die zuvor erwähnte Diashow zeigt nun ein laufendes Dinosaurierskelett, welches das skurrile und merkwürdige Schauspiel perfekt passend ergänzt. Obwohl dies nicht mein Musikstil ist, kann ich nicht abstreiten, dass das Publikum und die kratzige Musik mich mitriss und auch ich dieses Konzert, welches mein Erstes war, geniessen konnte. Nach ein paar Liedern schien sich das Muster jedoch nur noch zu wiederhohlen und der blecherne Klang verlor sein Charme und wurde somit schmerzhaft. Ein Stil-Wechsel hätte gut getan. Obwohl der Musiker immer noch alles gab, kam dies nicht mehr so rüber, wie es mich anfangs gefesselt hatte. Das Publikum wurde ruhiger und nur noch hier und da war ein Wippen zu sehen und eine bleierne Schläfrigkeit liess auf Abwechslung hoffen. Ein Klatschen erlöst schlussendlich das Publikum und lässt eine Pause entstehen, die auf ein neuartiges Stück zu hoffen lässt. Leider überzeugte das nächste Lied (ein Cover von Nirvana) nicht und die Gäste blieben leicht bewegt, jedoch nicht feiernd. Lange liess er das Publikum bei diesem Lied auf seine Stimme warten und spielt vorerst nur die Background-Musik, möglicherweise war auch er langsam erschöpft und sehnte sich nach einer Pause. Selbst die Liebhaber seiner Musik schienen langsam eine Entspannung zu benötigen. Die Leute schlichen sich vereinzelt aus dem kleinen Raum, in welchem man der lauten und schrillen Musik nicht entkommen konnte. Auch ich brauchte eine Pause. Als ich den Ausgang erreichte und ich die süsse Stille um mich herum wahrnahm, war ich erleichtert, dass ich, die in mein Hirn eingebrannte Musik, doch noch loswerden konnte.
Nach meiner Pause spielte der Künstler einige Songs ohne Loopgerät und schaffte somit eine neue Stimmung im Raum, doch auch dies konnte die ehemals gespannte Stimmung nicht zurück bringen.
Alles in allem muss ich sagen, dass die Musik für ein langes Kon-
zert bei dem nur dieser eine Mann zu hören ist, nicht geeignet ist. Ich denke seine Musik ist besser geschaffen für einzelne Auftritte in Kombination mit einem anderen Darsteller. Die Stimmung ihm Raum verhielt sich wie eine Kurve… sie stieg zu erst langsam an, bis zu einem guten Level des Vergnügens, doch dann wurde die Energie im Raum immer schwächer, bis sie langweilig und so eintönig wurde, dass man nicht länger zuhören wollte.
Ein Lied zum Schluss: Little Heart
Chiara Müller 23.06.15
Mit einem grossen Dankeschön an meinen Begleiter