Als ich das Moods, im Schiffbau, zum aller ersten Mal betrete fällt mir sofort diese verruchte, aber gemütliche Atmosphäre auf. Das rote Licht lässt den ganzen Saal geheimnisvoll erscheinen. Als wir vorhin an der Kasse die Tickets, in diesem winzigen Vorraum gelöst hatten, hatte ich etwas vollkommen anderes erwartet. Überall sind kleine Tische, in jeder Ecke hat es Stühle. Glücklicher Weise sind wir ein wenig früher gekommen, denn die Plätze werden langsam knapp.
Das Publikum passt in keine gemeinsame Schublade. Jedes Alter ist vertreten, von den jungen Leuten, welche später noch in den Ausgang wollen bis zu älteren Paaren, die sich einen schönen Abend machen. Sie haben nur zwei gemeinsame Nenner, sie sind nicht durchschnittlich sondern ein wenig anders und ihre Liebe zum Jazz.
Die Instrumente auf der Bühne, welche nur darauf warten gespielt zu werden, lassen eine gewisse Vorfreude aufkommen. Eine Trompete, ein Kontrabass und Drumms erinnern an eine typische New Orleans Jazz-Combo.

Die Künstlerin betritt mit zwanzig Minuten Verspätung tanzend die Bühne. Die Band leitet dies mit einem beeindruckenden Schlagzeugsolo ein. Doch kaum steht sie auf der Bühne verändert sich die ganze Atmosphäre. Die zuvor noch normalgrosse Bühne scheint auf einmal viel zu klein zu sein. Maklits Erscheinung ist sehr eigen. Sie ist ständig in Bewegung und scheint wortwörtlich den Rhythmus im Blut zu haben. Dadurch bringt sie Leben auf die Bühne. Trotz ihren geringen Grösse erscheint sie riesig dort oben. Barfuss und mit einem frechen Gesicht, das manchmal schon grimassenartig erscheint, steht sie genau dort wo sie stehen sollte.

Ihre melodische Stimme hat einen sehr grossen Tonumfang in welchem sie oft von Kopf- auf Bruststimme und wieder zurück wechselt. Manchmal ist sie sanft und weich, dann wieder dreckig und rau. Ihre Musik ist voller Kontrasten, die sich mit verzerrten Melodien expressiv ausdrückt, ohne sich den gewohnten Normen zu beugen.
Man weiss nie, welche Sprache sie singt, mal ist es Englisch, mal Äthiopisch. Die Lyriks sind mal klar definiert, mal fast dadaistisch.
In Amerika aufgewachsen, ist sie eine Synthese der amerikanischen und äthiopischen Kultur. Dies hört man auch in ihrer Musik. Durch diese Synthese ist sie nicht folkloristisch, hat aber eindeutig solche Elemente in ihrem Gesang. Meklit Hadero hat eine klare Entwicklung bereits durchgemacht und ihre Eigenheit gefunden, jedoch ist ihre Musik noch nicht so reif, dass überflüssige Schnörkel bereits weggefallen wären. Ihr Stil ist noch nicht abgeklärt, sie hat Tendenzen von Soul, Jazz, Folk-Groovy bis zur Rn’B, hauptsächlich klingt sie jedoch wie die Modernen Zwanziger mit Afrikanischer Tönung. Sie liebt Ihre Musik, die sonnig und mitreissend ist.
Hadero ist stark im improvisieren, ihr eigener Stil ist sehr kreativ, lässt sich nicht kopieren und wirkt bodenständig, aber noch nicht ausgegoren.

Die Band besteht aus leidenschaftlichen Musikern. Die Trompete wird untypischer Weise von einer Frau gespielt. Sie ist die schwächste Glied der Gruppe, da ihr Instrument zu hart spielt und sich zu sehr in den Vordergrund drängt. Ein Saxofon wäre hier eine weichere, harmonischere Lösung gewesen. Aber vielleicht ist dieser Bruch/Kontrast beabsichtigt?
Die improvisierten und grossartigen Soloeinlagen überzeugen früh von Können des Bassisten. Er wechselt von Kontrabass zur Bassgitarre und sogar zur Ukulele ohne Probleme und überzeugt in allen Variationen. Beeindruckend ist die Geschwindigkeit seiner Finger auf den Saiten, sie verschwimmen vor unseren Augen. Er reisst uns mit einer beneidenswerten Leichtigkeit mit und kann jederzeit Meklit das Wasser reichen.
Die Soloeinlagen der Drums werden von Meklit immer wieder tänzerisch begleitet. Der Perkusionist ist zwar sehr begeistert, und durch die Lautstärke seines Spiels beeindruckend, jedoch überzeug er uns nicht. Er ist forciert und oft zu laut. Sein Instrument drängt sich in den Vordergrund und beherrscht die Klangwelt. Dadurch verschmilzt er nicht mit Meklit und ihrem Bassisten als Band.
https://www.youtube.com/watch?v=d9vcxsUZD0o
Dieser abendliche Ausflug war eine Erfahrung und hat mich in eine eigene Musikwelt eingeführt. Diese Musik steht für sich selbst, das sie eine unglaubliche Verschmelzung von vielen Stilen ist. Es entspricht nicht die norm von nur einem Musikstil. Diese Art von Musik ist viel zu unbekannt obwohl es für eine noch nicht ganz beendete Ausbildung steht, ist es spannend diese Art von Potential zu sehen.
Thea Ebert,Küsnacht