The Wall Live Orchestra, Kongresshaus Zürich, 29. Mai 2015

„The wall live orchestra is a lot more than a tribute show: it’s a live experience where
music, lights, videos and 3d graphic all come together to form a breathtaking and unique mix.“

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Die seit 2001 bestehende Band, welche sich musikalisch seit jeher Pink Floyd verschrieben haben machten am 30. Mai in Zürich halt, um eines ihrer drei Konzerte in der Schweiz zu spielen. Die Musiker aus Italien gelten seit der Programmaufnahme von The Wall im Jahr 2010 zu einen der besten Pink Floyd Coverbands. So zumindest heisst es auf der eigenen Homepage(www.thewallliveorchestra.com).

Das Konzert im Kongresshaus hätte eigentlich bereits im Oktober letzten Jahres stattfinden sollen wurde aber aus „Tourneetechnischen Gründen“ auf eben diesen Freitagabend verlegt. Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn treffe ich vor dem Kongresshaus ein und bin mit Abstand einer der Jüngsten. Vielleicht wegen mangelnder Nostalgie meiner Genration oder einfach wegen dem Wucherpreis von 75 Franken. Für eine Tribute Band. Da ich eingeladen wurde erfuhr ich erst bei der Ticketkontrolle vom Preis und erhoffte mir dadurch Einiges. Unter den älteren Zuschauern hatte es alles: von Dark Side Of The Moon T-Shirt Trägern bis hin zu Fans in eleganter Abendgarderobe.

Aber sehen so wirklich Pink Floyd Fans aus?

The-Wall

Die britische psychedelic Rockband wurde 1965 gegründet und prägten die Musikwelt über all die Jahre wie nur wenige Bands es geschafft haben. Seit ihrer Gründung haben sie 15 Alben herausgebracht und zwischen 260 und 300 Millionen Tonträger verkauft. The Wall ist mit 30 Millionen eines der am meistverkauftesten und dadurch eines der bekanntesten Werke Pink Floyds. Wie Dark Side Of The Moon ist The Wall es ein Konzeptalbum. Erzählt wird die Geschichte eines Rockstars namens Pink, welcher auf einer anstrengenden, nie enden wollenden Tournee unterwegs ist. Dies hält ihn davon ab seine Frau zu sehen. In ruhigeren Momenten erinnert er sich an seine Vergangenheit, an den Tod seines Vaters im Krieg, an seine überfürsorgliche Mutter (https://www.youtube.com/watch?v=n_yRvxy9HVs) oder psychopatische Lehrer

We don’t need no education

We don’t need no thought control

No dark sarcasm in the classroom

Teacher, leave them kids alone

Erschienen ist zudem ein Film, welcher gezeichnete sowie von Schauspielern gespielte Szenen und natürlich die Musik beinhaltet.

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Sexszene aus dem Film „The Wall“

Im Kongresshaus finden die Zuschauer ihre Plätze ein nachdem das ebenfalls überrissen teure Sortiment an der Bar konsumiert wurde. Nach noch auszuhaltender Verspätung betreten auf einmal ungefähr 20 Musiker die Bühne, gefolgt vom Dirigenten unter erwartungsvollem Applaus. Und schon nach dem ersten Song war klar, dass das Zitat auf der Homepage hält was es verspricht. Neben der Musik gab es aufwändige Lichtshows und oberhalb der Musiker eine runde Leinwand auf welchen zweitweise Filmausschnitte oder die Livemusiker zu sehen waren. Dazu kamen noch der Streichersatz und die Blasinstrumente. Fantastisch!

..möchte man meinen.

Obwohl The Wall nicht einmal zu meinen Top drei Alben von Pink Floyd gehört (Geschmäcker sind bekanntlich verschieden) gefiel mir die Inszenierung ziemlich gut.

Aber, liebes Kongresshaus. Ist es nicht möglich bei einem Konzert, bei diesem Preis und diesen Erwartungen nach monatelangem Warten, den Ton anständig abzumischen?

Von den klassischen Instrumenten hörte man kaum etwas, die Chöre, insbesondere der Kinderchor bei „Another Brick In The Wall“ gingen komplett unter aber am Schlimmsten waren die Gitarren. Die Solis waren zwar unglaublich gut gespielt aber sobald der Gitarrist die hohen Töne spielte, schmerzten einem richtig die Ohren. Sehr Schade. Die Presse und viele Zuhörer waren richtig empört über die schlechte Organisation. Die Kritik wurde so laut, dass der Veranstalter zur Wiedergutmachung gratis Live DVDs der Show an die besonders enttäuschten Zuhörer verteilte.

Selbstverständlich nicht die Live Show aus Zürich.

Dass das Konzert zu reden geben würde war mir nach der Show sofort klar; zu unsauber wurde die an sich atemberaubende Liveperformance vorbereitet und die Location sollte nächstes Mal etwas besser überdacht werden. Musikalisch muss ich den Kritikern (ich beziehe mich hauptsächlich auf Kommentare aus Onlinezeitungsberichten) allerdings widersprechen. Rein technisch gesehen war es brillant, zum Beispiel waren die Solis der Gitarre eins zu eins nachgespielt und die Umsetzung mit der Bullaugenleinwand hat ausgezeichnet mit der Musik harmoniert. Was mich viel mehr störte war schlicht und einfach das Ambiente und die übertriebenen Preise für den Eintritt und die Verpflegung. (das bekannte Züriproblem: alles kostet, am besten noch sauviel)

Sind Tribute Bands vertret- und hörbar?

Auch darüber streitet und scheidet sich die Onlinekommune und eine definitive Antwort darauf zu finden ist schwierig. Warum sollte eine Band, welche die glorreiche Musik der 60er oder 70er aufleben lässt, den guten Sound nicht weiterklingen lassen, wenn Fans und Musikinteressierte noch immer mit der selben Euphorie hinter der Musik ihrer früheren Idole stehen?

Allerdings sollte man ab einem Zeitpunkt nicht mehr der Vergangenheit hinterher trauern, sondern vielmehr Offenheit für das aktuelle Musikgeschehen zeigen.

In Zukunft ertönt Pink Floyd für mich daher nur noch aus den Boxen in meinem Zimmer. Vinyl versteht sich; ein bisschen hinterhertrauern darf man trotzdem.

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Jannis Eichenberger, Zürich, 23. Juni

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