Swiss Gospel Singers, Meilemer Jazznächte, 27. & 28. September 2019

Die Swiss Gospel Singers an den Meilemer Jazznächten

Vom 27. bis zum 29. September 2019 fand in Meilen (Zürich) zum zweiten Mal die Meilemer Jazznacht statt. Ins Leben gerufen vom Old Time Jazz Club, einem der grössten Schweizer Jazz Clubs, durften sich Fan‘s, Musikinteressierte und Neugierige auf ein buntes Programm von heimischen und internationalen Jazzgrössen freuen. Von Swing zu Blues, über Jazz, Boogie Woogie und Big Band war alles vorhanden, was Jazz- und Musikliebhaber, in Stimmung bringt. Die Konzerte waren an diversen Orten in der Kirchgasse rund um die Meilemer Seekirche verteilt. Es war gut, dass alle Konzerte mindestens 2 Mal oder an diversen Tagen stattfanden, denn bei dem vielversprechenden Angebot konnte man sich kaum entscheiden.

Mein Ziel an diesem Anlass war fixiert der Auftritt der Swiss Gospel Singers in der Seekirche Meilen. Der Chor, bestehend aus 100 Sängern und Sängerinnen, entstand im Herbst 2018 anlässlich einer Anfrage des musikalischen Leiters der New Yorker Konzertagentur DCINY, Jonathan Griffith. Er plante ein grosses Chorprojekt mit verschiedenen Chören aus der ganzen Welt. Anlässlich ihres 60. Jahrestages, sollte die Robert Ray Gospelmesse, an Pfingsten, dem 9. Juni 2019 in der Carnegie-Hall New York aufgeführt werden. Auch meine Mutter und ihre beste Freundin nahmen an diesem Projekt teil. Durch ihre Begeisterung, die leuchtenden Augen und die spannenden Erzählungen nach ihrer Rückkehr aus New York wurde ich dann doch neugierig und wollte unbedingt auch ein Konzert besuchen.

Christer Løvold, ein Norwegischer Kirchenmusiker und Chorleiter, hatte die Leitung der Swiss Gospel Singers übernommen und handelte bei diesem Anlass einen 45 minütigen Solo-Auftritt des Chores in der weltberühmten Carnegie Hall heraus. Nach dem wunderbaren Auftritt im Sommer in der Carnegie-Hall, dass mit Standing Ovation bejubelt und ganz bestimmt allen Teilnehmern unvergesslich bleibt, geht die Gruppe auf Schweizer Tournee mit dem gleichen eigenen Programm, welches sie in New York aufführte.

Am Freitag dem 27. September sang der Gospel Chor an der Meilemer Jazznacht in der reformierten Kirche am See.

Anscheinend hatte sich der Erfolg des Chores noch nicht ganz herumgesprochen. Gähnende Leere in den Kirchenbänken und die wenigen Besucher sassen, wie in den Gottesdiensten, in den letzten Reihen. Dorthin habe auch ich mich verzogen, allerdings aus Gründen der Akustik, die im hinteren Teil eines Konzertsaals oft am Besten ist. Ein wenig Peinlichkeit lag über der Stille, bis die Swiss Gospel Singers die Kirche mit einer stimmungsvollen Interpretation von “Down In The River To Pray“ in die Kirche einmarschierten. Ein wenig Skepsis blieb, da der grosse Chor sichtlich geschrumpft war. Doch schon mit den ersten beschwingten Stücken, virtuos von Christer Løvold am Flügel begleitet, hat sich die leere Kirche mit Atmosphäre gefüllt und die ca. 60, festlich, in schwarz gekleideten Sänger und Sängerinnen, haben den Raum mit ihren Stimmen und ihrer Begeisterung gefüllt.

Der Gospel weckt natürlich immer Vorstellungen und Erwartungen. In den meisten Köpfen schweben Erinnerungen an Stimmen von Mahalia Jackson, Aretha Franklin und andere afroamerikanische Gesangs-Grössen. Dessen ist sich auch Christer Løvold bewusst. Er verzichtet bewusst auf stimmliche Solo-Interpretationen, Bewegung oder rhythmisches Klatschen. In dem gut 45-minütigem Programm überzeugte der Chor mit stimmgewaltigen, leidenschaftlichen Interpretationen und raffinierten Arrangements von bekannten Gospelsongs wie „Joshua, The Storm Is Passing Over, To My Father`s House“ und vielen mehr. Chorleiter Christer Løvold schloss sein Studium als Kirchenmusiker (Orgel, Chorleitung, Cembalo) in Oslo mit einer Auszeichnung ab. In Basel setzte er sein Studium fort und schloss im Jahre 2000 mit dem Solistendiplom ab. Seine Konzerttätigkeit als Solist, Begleiter und Dirigent führte ihn um die ganze Welt. Heute leitet er von Basel aus mehrere Chöre. Sein Herz schlägt für den Gospel und er dirigiert seinen Chor mit Blicken, Körpersprache und Stimme. Seine Leidenschaft ist ansteckend, seine glänzenden Augen sprechen Bände. Er und die Swiss Gospel Singers haben trotz des fehlenden Publikums sichtlich Spass. Mit dem gefühlvoll interpretierten Segenslied “ The Blessing” schickt uns der Chor nach dem Auftritt wieder hinaus in die Meilemer Jazznacht. Die wenigen Zuschauer schienen zufrieden und bewegt, doch ich bin noch nicht ganz überzeugt. Auf meinen Recherchen im Internet und auf der Homepage hörte ich die Swiss Gospel Singers & Friends, d.h der Gospelchor mit Solisten, einem Saxophonist, Schlagzeuger, Bassist und Geiger. Dies war viel poppiger, als ich es nun gehört hatte. Daher beschloss ich am Samstagabend nochmals zu gehen, da dort der Geiger und Trompeter Adam Taubitz mit von der Partie sein sollte.

In der Hoffnung auf etwas mehr Publikum ging ich diesmal ins erste Konzert um 19:30 Uhr. Auf der Kirchgasse war schon reges Treiben, fröhliches Stimmengewirr, zufriedene Gesichter und die Schlange vor der Kirchentür war lange. Diesmal setzte ich mich weit nach vorne um ganz nah am Geschehen zu sein. Wie im gestrigen Konzert marschierte der Chor singend in die komplett gefüllte Kirche. Christer und Adam warteten schon. Und dann legten sie los. Auf dem rhythmisch, poppig interpretierten „To My Father’s House“ folgte „Good News“ abgelöst von „Down By The Riverside“ und bei den meisten zuckten bereits die Hände zum Mitklatschen. Ein tolles Gospel-Feeling zog ein. Anfangs improvisierte Adam Taubitz noch vorsichtig mit Zupfen und leisen Tönen. Doch mit jedem Stück steigerten sich seine Virtuosität und sein Erfindungsreichtum. Der Deutsche preisgekrönte Musiker arbeitet selbstständig als Künstler in der Schweiz. Er blickt auf eine lange Karriere in der
klassischen Musik zurück. Unteranderem war er bei den Berliner Philharmonikern und 1. Konzertmeister des Sinfonieorchesters Basel unter Nello Santi. Doch sein Herz schlug schon immer für den Jazz. Es war spannend zu beobachten wie er mit Blicken und Tönen mit Christer kommunizierte. Da waren eindeutig zwei Meister am Werk und steckten den ganzen mit Chor an. Die Gospel Singers strahlten. Sie sangen ausdrucksstark und leidenschaftlich und zugleich leise und kraftvoll. Wunderschön wurde es, als Adam “Shall We Gather At The River” mit der Trompete begleitete. Als er dann zu “Living Prayer “ in den höchsten Flageolett-Tönen improvisierte, stellte sich Gänsehaut-Feeling pur ein. Spätestens hier wusste jeder, dass er in den Genuss von einem ganz besonderen Konzert gekommen war. Tosender Applaus stellte sich ein. Und dann ging es schon viel zu schnell vorbei. Mit dem Segenslied “Blessing” endete das Konzert viel zu früh. Unter Standing Ovation und vielen Händeschütteln verliess der Chor wieder die Kirche.